DIE BASTIONSFESTUNG „ALBA CAROLINA”, DIE ARCHITEKTUR

DIE BASTIONSFESTUNG „ALBA CAROLINA”, DIE ARCHITEKTUR

COD LMI:

In der Architektur der Karlsburger Bastionsfestung finden sich offensichtlich die Hauptcharakteristiken der Festungsanlagen „Typ Vauban" wieder, ein System welches der französische Militäringenieur Sébastien Vauban Le Preste (1633-1707) entwickelte. Als ein Genie der Festungsbaues gelobt, gelang es Vauban alle bis zu seiner Zeit gemachten Fortschritte im Bau der Wehranlagen zu synthetisieren, den Einfallsreichtum und die architektonischen Errungenschaften der italienischen Schule im Bereich des Basteienbaues mit der Genauigkeit, den Proportionen und den komplementären Elementen des Basteiensystems in den Niederlanden und Deutschland zu verbinden.

Prinz Eugen von Savoyen war derjenige, der Anfang des 18. Jahrhunderts für die Generalisierung des Vauban-Systems in Siebenbürgen warb und das Bauvorhaben des Italieners Giovanni Morando Visconti in Karlsburg unterstützte.

Die Karlsburger Festung stellt ein glänzendes Beispiel des Vauban-Systems in Rumänien dar, sie hielt allen Herasuforderungen der Zeit stand und ist heutzutage die größte in Rumänien erhalten gebliebene Bastionsburg und eine der größten Süd-Ost-Europas. Gleichzeitig verbleibt sie ein Meisterwerk des Abwehrsystems mit Basteien. Die durchgeführten Arbeiten sind beachtenswert, die Linie der Mauer, deren Ausrichtung, die Basteien, die Kanten der Sockel aber vor allem die Tore sind ein Beweis für das Können der Meister, die hier gearbeitet haben.

 

Die Komponenten der Abwehranlage

 

Die Basteien

Sieben große Basteien, welche Kurtinen gleicher Höhe verbinden, bilden den Sicherheitsbereich der Festung, den wichtigsten und am besten verteidigten Innenbereich. Als Magistrale oder Hauptflügel der Festung bekannt, wurde die Kurtine so entworfen, dass sie sich an die Unregelmäßigkeiten des Bodens anpasste, als Heptagon, eine Konfiguration, welche auch an den anderen Verteidigungslinien (Ravelins und Strebemauern) anzutreffen ist. Als sie erbaut wurden (1736), erhielten die Basteien besondere Namen weltlicher oder geistlicher Schuzherren (beginnend mit dem dritten Tor nach links, im Uhrzeigersinn): Die Eugen-von-Savoyen-Bastei, die Steinville-Bastei (nachträglich Heiliger Stefan), die Dreieinigkeits-Bastei, Die Heiliger-Michael-Bastei, die Bastei des Hl. Carlo Borromeo (Carol), die Bastei der Heiligen Elisabeth, die Bastei des Heiligen Capistrano (nachträglich die Bastei Siebenbürgens).

Aus Backstein erbaut und mit Erde befüllt, verfügen die Basteien über ungefähr gleiche Maße, wobei die Länge der Fronten zwischen 110 und 120 Meter liegen und die mittlere Höhe 10-12 Meter beträgt. Die Basteien sind dreieckig, ihre Spitzen sind nach Außen gerichtet, wobei die Verbindung mit der Kurtine, die sie verbindet, mittels der abgerundeten Extremitäten (Ohren) realisiert wird sowie der nach innen gebogenen Flanken (Hals). Über den Basteien waren auf jeder der zwei Flanken Schießscharten gebaut, die durch ihre Lage hinter dem Schanzkleid gut verteidigt waren. Es folgte dann ein Bereich mit gestampfter Erde, eine Terrasse auf welcher die Verteidiger von Geschossen geschützt sich entlang der Mauer fortbewegen konnten und welche sich 3 Meter unter dem Kamm des Schanzkleides und 5 Meter von der Innenanlage entfernt befand und somit genügend Platz für Truppenbewegungen und das Manövrieren der Artillerie bot. Der Zugang aus dem Bereich mit gestampfter Erde zu den Artillerie- oder Infantrie-Positionen erfolgte mittels einer leicht geneigten Rampe. In einigen Fällen wurden zusätzliche Arbeiten oberhalb der mittleren Basteien für die Erhöhung der Redouten oder der Kanonenterrassen ausgeführt, sodass die Artillerie über eine dominante Position verfügte und gute Ausblickspunkte gegeben waren. Der Zweck dieser Konstruktionen war im Fall der Basteien Eugen-von-Savoyen und Heiliger Stefan von den alten Basteien der mittelalterlichen Burg erfüllt, erbaut zur Zeit des Fürsten Gabriel Bethlen. Die Spitzen der Basteien wurden nach und nach mit Statuen versehen, welche auf fünfeckigen Steinplattformen standen und unter welchen sich als Sockel Skulpturgruppen, Figuren, Wappenzeichen und Inschriften befanden. Ähnliche Plattformen befanden sich auch auf den Flanken der Basteien, über den Ohren, aber sie waren für die Unterstände der Wache bestimmt. Zwischen den Basteien wies die 100 Meter lange Wehrmauer aus Backstein dieselben Eigenschaften wie jene der Basteien vor und zwar die 80°-Neigung durch die schrittweise Verringerung der Maße von der Basis zur Spitze (von 2,5 Meter auf 2 Meter), sodass der hohe Druck der Erdmasse übernommen und abgeleitet werden konnte. Die geneigten Mauern wurden mit internen Strebemauern versehen, welche dieselbe Rolle hatten, und zwar die Innenmauer zu verankern und die Erdfüllung dahinter zu stabilisieren.

 

Die Ravelins

Die Ravelins oder „Halbmonde" haben ähnliche Maße wie jene der Basteien (90 Meter lange Seiten), von denen sie, mit einer einzigen Ausnahme (der Ravelin Heiliger Francisc de Paula), auch deren Benennungen übernommen haben. Ihre Hauptrolle war es, die hintere Anlage zu schützen (das Schutzperimeter) und waren vor den Basteien, in den Freiräumen zwischen deren Öffnungen, angebracht. Gemeinsam mit den Strebemauern bildeten sie die Kategorie der Außeneinrichtungen, welche die Kampfbereiche abgrenzten. Um der Magistrale oder dem Festungskörper eine gute Kontrolle über die Ravelins (dominante Position) sowie den Schutz der Verteidiger zu gewährleisten, verfügen deren Seiten über einen nach innen geneigten Teil der Mauer, ein bei allen Befestigungselementen angetroffenes Merkmal. Auf zwei der Ravelins „Der Heilige Carol" und „Die Heilige Elisabeta" wurden Reduits (6 Meter hoch) erbaut, ähnlich mit jenen der Basteien, welche es den Verteidigern ermöglichten durchzuhalten auch wenn der Ravelin erobert wurde.

 

Das Zangenwerk

Anders als bei anderen Festungen im Vauban-Stil, sind die Basteien der Karlsburger Festung nicht mit inneren Bunkern versehen. Die Verteidigung der Flanken erfolgte mithilfe der Zangenwerke (Tenaillensysteme), welche jeweils doppelt in den Freiräumen zwischen den Basteien angebracht waren. Der Zweck der Zangenwerke war es, gemeinsam mit den Ravelins, den Reduiten der Ravelins und den Strebemauern, die Magistrale oder den Hauptteil der Festung zu schützen (die Basteien und die sie verbindende Kurtine). Die Zangenwerke steigen aus dem Graben, in der Form zweier Inseln (Erdmasse und Mauerwerk), wobei deren niedrige Höhe (4 Meter) es der Artillerie auf den Plattformen der Basteien ermöglicht, zwischen sie hindurch zu schießen. Der Abstand zwischen den Zangenwerken (50 Meter) war derart festgelegt, dass er der Kaponniere ermöglichte, durch diesen Freiraum zu verlaufen.

 

Die Strebemauer

Nach den Basteien und den Ravelins ist die Strebemauer die dritte und letzte Abwehrlinie der Festung, in der Form einer Kurtine aus Mauerwerk und Erdmasse. Die im Zick-Zack gebaute Strebemauer folgt den Mauervorsprüngen und -Nischen der Basteien oder der Ravelins, mit dem Zweck, sie zu verteidigen, wobei sie für gewöhnlich vor sie errichtet ist. Im süd-östlichen und nord-östlichen Teil, beginnend von der Steinville-Bastei und bis vor der Bastei Heilige Elisabeta erreicht die Strebemauer mit einer Breite von 50 bis 200 Metern beeindruckende Maße. Die auf dem Erdwall errichteten Terrassen und die unterirdischen Gallerien ermöglichten den Transport der Artillerie und den Schutz der Garnison. Auf der gesamten Länge dieser Trasse erhielt die Strebemauer den Namen „Umwallung" (Enveloppe), sie wurde mit einem von Mauern eingegrenzten Graben versehen, welcher teilweise beflutbar war. Im süd-westlichen und nord-westlichen Teil verengt sich die Strebemauer bis auf eine Breite von 25 Metern und verlängert sich um die Ravelins zu verbinden oder die Basteien hinter ihr zu schützen. Da in diesem Teil der Graben nicht mehr über die eingemauerte Contrescarpe verfügt, erreicht die Eskarpemauer, welche den Erdwall der Strebemauer abstützt, in Abwesenheit des Glacis, eine Höhe von 6 Metern.

 

Die Gräben

Vor jedem Verteidigungselement – Basteien, Ravelins, Zangenwerke, Kontergarde – welches Teil der Verteidigungslinien ist, liegt ein Graben oder wird von einem Graben abgegrenzt, dessen Maße sich mehr in ihrer Breite als ihrer Tiefe unterscheiden. So können die verschiedenen Grabensegmente miteinander kommunizieren. Große Höhenunterschiede bestehen dabei nur im süd-östlichen und im nord-östlichen Teil, wo die Steigung größer ist. Der Hauptgraben oder der große Graben vor dem Festungskörper ist 25 Meter breit, der Graben der Halbmonde 15 Meter breit, wobei die Breite vor der Kontergarde 12 Meter erreicht.

Die Kommunikationen

 

Die Tore der Festung

Der Zugang zur Festung erfolgt über die sechs Tore, die östlich und westlich gleich verteilt sind. Jede Verteidigungslinie verfügt dabei über je ein Tor.

Die aus gemeißelten Steinblocks gefertigten Tore unterscheiden sich voneinander durch ihre Maße und die Komplexität ihrer Formen. Vier von ihnen haben mit Reliefs und Statuen reich verzierte Fassaden.

 

Die Zufahrtsrampen

In der Erdmasse hinter den Mauern als Rampen mit schwacher Steigung angelegt, ermöglichten die 2-4 Meter breiten Zugangsrampen den Eintritt der Kampftruppen und den Transport der Artillerie auf die Plattformen der Verteidigungsanlage: Bastionen, Ravelins, Zahngenwerk und Kontergarde. Die Zufahrtsrampen verfügten über eine Brustwehr mit oder ohne Schießscharten und mit Metallgittern geschützte Eingänge.

 

Die überbauten Gänge

Die überbauten Gänge nehmen die Form unterirdischer Gallerien an, mit ausgeprägter Steigung, welche die Kommunikation zwischen den oberen Teilen der Festungskörpers und dem umliegenden Graben ermöglichen. Der Eintritt in die Gänge erfolgt am Fuß des Parapetts der Bastei, wo man über die Holz- oder Steintreppen auf die Höhe des Grabens kommt, hinter den Ohren der Bastei. Die Ausgänge der Galerien wurden mit Türen oder Metallgittern verschlossen, durch welche, im Schutz seitlicher Türen, geschossen werden konnte. Ein weiterer überbauter Gang war zwischen den Basteien gebaut, in der Mitte jeder Kurtine, mit dem Eingang am Fuß des Parapetts und dem Ausgang in der Eskarpemauer, fünf Meter über dem Graben. Der Zweck dieser unterirdischen waagerechten Galerie war es, die Verbindung mit dem Durchgang des Kaponniere mittels einer mobilen Holztreppe zu ermöglichen, die hochgelagert werden konnte.

 

Die Kaponnieren

Der Kaponniere ist ein drei Meter breiter Durchgang oder eine überbaute Galerie, welche den großen Graben (den Graben des Festungskörpers) quer durchläuft und die Kurtine mit den Ravelins verbindet. So stiegen die Verteidiger der Festung in den überbauten Gang ab, welche das Parapett der Kurtine durchlief, stiegen dann über die mobile Treppe bis auf die Höhe des Kaponniere ab, durch welchen sie geschützt passieren konnten und so zum Eingang der Kontreeskarpe des Ravelins gelangen konnten. Von hier konnten sie über weitere Abzweigungen der Galerien im Körper des Ravelins auf diesen oder in den Graben zwischen Ravelin und Strebemauer gelangen. Die dritte Verteidigungslinie – die Strebemauer oder die Umwallung – war ihrerseits von überbauten Galerien durchquert und verfügte über Lagerräume oder Unterkünfte sowie Bunker für die Artillerie.


FOTOS

HISTORISCHE ERBE